Wer unbemerkt einen Unfall verursacht und danach weiterfährt, darf künftig nicht mehr wegen Fahrerflucht bestraft werden. Mit dieser Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht (BVG) in Karlsruhe die Strafbarkeit des unerlaubten Entfernens vom Unfallort eingeschränkt. In der gängigen Rechtsprechung durch den Bundesgerichtshof sahen die Verfassungsrichter eine unzulässige Ausdehnung des entsprechenden Paragrafen 142 Strafgesetzbuch.
Damit gab das Bundesverfassungsgericht einem Autofahrer Recht, der beim Überholen an einer Baustelle unbemerkt Rollsplitt aufgewirbelt und dadurch einen anderen Wagen beschädigt hatte. Als er später an einer Tankstelle anhielt, stellte ihn der geschädigte Fahrer zur Rede. Der Unfallverursacher bestritt jede Verantwortung für den Schaden, der sich auf 1.900 Euro belief, und fuhr weiter, ohne seine Personalien zu hinterlassen.
Nach der bisher gängigen Rechtsprechung verurteilte ihn das Amtsgericht Herford deshalb zu einer Geldstrafe wegen Fahrerflucht. Danach macht sich strafbar, wer zunächst unabsichtlich weiterfährt, dann aber - nachdem er den Unfall bemerkt hat - nicht unverzüglich die Feststellung seiner Personalien ermöglicht.
Das sahen die Verfassungsrichter nun anders: Wenn man den Unfall nicht bemerkt hat, ist „unabsichtliches“ Entfernen vom Unfallort nicht als vorsätzlich und damit als Fahrerflucht zu bewerten. Für den Schaden muss der Verursacher allerdings haften.
Urteil des BVG Karlsruhe, Aktenzeichen 2 BvR 2273/06