Dieser Artikel ist heute bei uns in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung erschienen.
Lesen lohnt sich - es werden alle Vorurteile bestätigt. 
Offenes Abenteuer
Im Test: Ist bei Cabrios ein Flirtfaktor eingebaut?
Von Sonja Fröhlich
Startklar zur Spritztour mit dem Cabrio. Ich plumpse in die weichen Ledersitze, lege eine Robbie-Williams-CD ein und rücke meine schwarze Sonnenbrille zurecht. Die linke Hand am ebenfalls lederbezogenen Lenkrad, die rechte am kurzen Schaltknüppel - das offene Abenteuer kann beginnen. Mein Flirtmobil ist ein Nissan 350Z Roadster. Irre breit und extrem flach. Ein echter Hingucker.
Das Beste an diesem Cabrio: Dank elektrischem Verdeck kann man schon nach 20 Sekunden Frischluft atmen. Aber leider bleibt das Dach auch nach dem siebten Versuch noch zu. Hilflos fingere ich abwechselnd an Zentralhebel und Automatikknopf. Der Klassiker: blonde Frau im Sportwagen, die das Verdeck nicht aufbekommt. Wie peinlich. Kurz bevor ich resigniere, hebt sich wie durch ein Wunder das Dach. Wie das jetzt? Egal. Endlich Luft. Die ersten Passanten gucken bewundernd, wie sich die Stoffhaube vollautomatisch unter einen Kunststoffdeckel schiebt.
Zwei junge Männer kommen näher. „Sieht gut aus“, sagt einer der Bewunderer. Ich nicke stolz, bevor ich den schwer lenkbaren Zweisitzer aus der Parklücke bugsiere. Prompt würge ich den Motor ab. Mit knallrotem Kopf versuche ich, wieder zu starten. Ein-, zwei-, dreimal. Nichts passiert. Die Männer gehen schnell weiter, als ich sie um Hilfe bitten will. Flirtfaktor null. Die beiden haben wohl Angst, sich zu blamieren, falls auch sie den Flitzer nicht in Gang kriegen.
Nun bin ich also ein Verkehrshindernis, der Japan-Sprinter steht mit der Schnauze fast quer über beide Fahrspuren. Der Verkehr staut sich. Der Flirtfaktor hat den Minusbereich erreicht: Fahrradfahrer klingeln, Autos hupen, Leute schimpfen. „Kauf dir einen Polo“, höre ich. Schließlich helfen mir eine Frau und zwei Schulkinder beim Schieben zurück in die Parklücke. Erst ein Anruf beim Händler bringt mich weiter. „Sie müssen beim Anlassen die Kupplung bis zum Anschlag durchtreten“, sagt eine freundliche Stimme. „Machen Sie sich nichts draus. Das ist schon vielen passiert.“
Endlich geht’s los. Ich rolle langsam an den Cafés vorbei, wo die Leute draußen sitzen und auf die Straße gucken. Eine Idee, die Dutzende anderer Cabrio-Fahrer auch haben. Offen fahren ist hier inflationär. Ich schenke zwei dunkelhaarigen Machos mit Goldkettchen, die sich in ihrem aufgemotzten Ford Escord die Nase an der Scheibe nach mir platt drücken, ein Lächeln.
Weiter geht es zum Maschsee. Die Sonne im Gesicht, den Wind im Haar, nehme ich den Kampf mit den PS-protzenden Mitstreitern auf. Porsche 911, Mercedes SLK und Audi TT liefern sich mit meinem Nissan klangvolle Beschleunigungsmanöver. Unter Gleichgesinnten flirtet es sich gut.
Wieder daheim, klappt sich das Verdeck nach dem ersten Knopfdruck zu. Ich atme auf. Doch noch steht das Beifahrerfenster offen, und keiner der Fensterheber will funktionieren. Ich bitte einen Nachbarn um Hilfe. Der nimmt sich ganz unromantisch die Betriebsanleitung vor. Irgendwie muss ich wohl an den Sperrknopf gekommen sein, muss ich zerknirscht eingestehen. Der Nachbar lächelt milde: „Ein Auto muss auch ohne Betriebsanleitung funktionieren - vor allem, wenn es frauenkompatibel sein soll.“ Meine Flirtlaune sinkt von Tempo 100 auf null - in weniger als fünf Sekunden.
Fazit: Eine Flirtgarantie gibt es nicht. Aber hin und wieder klappt’s - wenn man die Technik in den Griff bekommt.
Ich bleibe lieber beim Coupé... :p
