Das man so etwas machen muß um die Abgaswerte zu erreichen zeigt mir wie dünn die Luft beim Motorenbau geworden ist obwohl immer behauptet wird es sei noch "viel" Potential vorhanden.
Das wird jetzt schwer zu erklären, ohne in Polemik zu verfallen, aber ich will es trotzdem mal versuchen...
Es ist schon noch einiges Potential vorhanden, die Aussage ist per se nicht falsch. Das Problem ist nur, dass es mal prinzipiell so einen gewissen Zielkonflikt gibt, genauer gesagt mehrere, die man einfach nicht lösen kann, ohne ein anderes Ziel zu verschlechtern. Dass es dann in Summe doch noch gut geht, ist dann das, was auf z.B. materialwissenschaftlichen oder konstruktiven Fortschritten basiert. Gehen wir mal in die Praxis:
Was bedeutet denn "viel" Potential?
In erster Linie sieht man darin die Möglichkeit, Motoren kleiner zu machen ohne Leistungseinbußen hinzunehmen. Das senkt Reibleistung, Verbrauch und bringt den Motor wirkungsgradseitig näher an den optimalen Prozess der Thermodynamik. Downsizing macht vor diesen Randbedingungen durchaus positive Schritte. Die Motoren schaffen im Teillastbetrieb deutlich bessere Wirkungsgrade und Verbräuche als ihre MPI-Sauger-Vorfahren mit gleicher (!) Leistung. Man nehme z.B. einen Peugeot V6 3.0L aus Ende der Neunziger. Der hatte 210PS. Das geht heute mit 1,6L Hubraum. Der V6 lief auch bei Teillast kaum unter 10L/100km. Der 1,6er schafft im gleichen Betrieb 6-7L/100km. Und er ist auch noch drehfreudiger und hat eine bessere Drehmomentkurve (was nichts anderes bedeutet, als dass der Motor bei niedrigeren Drehzahlen schon mehr Leistung zur Verfügung stellen kann => er muss nicht so hoch drehen). Das bedeutet wiederum, dass der Motor bei höherer "Last" betrieben wird, also Spitzendruck und Mitteldruck der Verbrennung liegen höher, was zum Einen den Prozess besser macht und zum Anderen dazu führt, dass der Motor entdrosselter läuft, denn das ist bei Ottomotoren im homogenen Betrieb immernoch eine der größeren Verluststellen. Und so summieren sich all diese Punkte zu einem durchaus sehenswerten Verbrauchsvorteil. Aber nur (!!!) dann, wenn man danach mit dem Motor auch entsprechend genauso fährt und nicht der Meinung ist, man hat plötzlich einen Rennwagen unter dem Hintern und reizt das Drehmoment ständig aus. Das treibt natürlich den Verbrauch hoch!
Hinzu kommt dann noch das ganze Geraffel um Abgasnachbehandlung. Reichte bei Euro 3 noch ein einfacher Unterbodenkat, muss es für Euro5 oder gar Euro6 dann schon eine halbe Chemiefabrik sein. Diese Komponenten sind IMMER schlecht für den Verbrauch. Aber das ist Politik. Und da sind wir wieder bei dem Punkt, sie wollen eben beschissen werden. Kriegen sie auch. Die Unterschiede zwischen realem Verbrauch und Zyklusverbrauch gehen meiner Meinung nach erst seit der Euro 5 so massiv auseinander. Und der CO2-Blödsinn liefert da noch seinen Anteil dazu. Dank dieser Randbedingungen müssen immer mehr Kniffe gemacht werden, um im Marketing wieder herausposaunen zu können, dass der neue 7er mit nur 5L im Schnitt auskommt. Ich frage mich da immer, ob wir wirklich so belogen werden wollen...wir wissen es doch eigentlich alle besser oder? Aber egal, hier an der Stelle geht es um monetäre Interessen, sei es wegen Firmenwagenregelungen oder aber auch - aus Sicht der Hersteller der wichtigere Punkt - die Vermeidung von politisch angedrohten Strafsteuern.
Der Aufwand, der für diese politische Sau, die da durch die Dörfer der Welt getrieben wird, betrieben werden muss, steht in absolut keinem Verhältnis mehr zu dem wirklichen Nutzen.
ABER, es ist technisch alles noch immer beherrschbar. Das Potential ist also auch da noch vorhanden.
Was heisst viel Potential aber NICHT?
Schauen wir uns die technischen Eckdaten von Fahrzeugen mit oben genannten High-Tech-Komponenten und Aggregaten mal genauer an, landen wir am Ende ziemlich oft bei den europäischen, gar meistens sogar bei den deutschen Herstellern. Es steht ausser Frage, dass wenn es um Motorentechnik geht, die deutschen OEMs so ziemlich mit Abstand vorne liegen bei den physikalischen Grenzen und dem, was sie damit erreichen können. Ich will hier bewusst nicht auf Hybridisierung eingehen, denn das ist ein ausgelagertes Thema, das damit nichts zu tun hat. E-Mobility in jeder Hinsicht ist hier bitte kein Thema! Worauf ich hinaus will, ist dass die technische Entwicklung im Bereich der Brennverfahren, der Motorentechnik und so weiter im Detail vor allem von den deutschen Firmen getrieben wird. Das ist unbestritten, dass Komponentenentwicklungen immer erst bei den deutschen OEMs kommen, bevor andere sich die Kosten aufhalsen wollen. Genau daraus resultieren die Vorteile - auf der Leistungs- und Verbrauchsseite. Ihr müsst euch klar machen, dass es hier um Zehntelliter beim Verbrauch geht, bei gleichzeitig erhöhten Leistungen und Drehmomenten. Seht euch z.B. mal an, was bei BMW aus dem E46 330d hin zum neuen F30 330d passiert ist. Das kann sich auf jeden Fall sehen lassen.
ABER, und das ist in meiner persönlichen Sicht der entscheidende Punkt bei all dem! Mit unserem Konsumverhalten, zunehmend nur noch Firmenfahrzeuge zu leasen/Privatfahrzeuge über 3 Jahre zu finanzieren und danach weg mit der Kiste - die Statistiken des KBA zeigen das ja - sorgt dafür, dass die Erwartungshaltung seitens der Kunden auch so ist, dass man da immer was besseres, neueres und schnelleres haben will. Die Nachhaltigkeit leidet! Und zwar massiv! Zudem, für einen Hersteller, der sein Geld mit dem Verkauf der Fahrzeuge macht und weiss, dass die spätestens mit 6 Jahren in der Regel nach Osteuropa gehen oder sonst wo hin, spielt es keine Rolle mehr, ob der Motor z.B. 10 Jahre hält und unkompliziert ist. Das ist einfach völlig aus dem Fokus. Gleichzeitig bedingt die Abgasgesetzgebung aber diese hohe Komplexität der Gesamtsysteme, die eben dazu führt, dass kleine Schäden zu großer Wirkung verhelfen. Wenn man diesen Gedanken einmal abstrahiert, findet sich dieses Grundproblem in immer mehr Bereichen wieder: Zu hohe Komplexität der Gesamtsysteme, bei zu geringer Kenntnis der WIrkung von kleinsten Faktoren. Das ist im Finanzmarkt so, das ist auch bei Atomkraftwerken so oder oder oder...